Tausche Stadtleben gegen Landluft

Seit mehr als zehn Jahren unterstützt ProSiebenSat.1 soziale Einrichtungen wie das Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“. Mit Hilfe von Spendengeldern des RED NOSE DAY eröffnete im Oktober 2016 die erste Arche-Kinder-Ranch. Im brandenburgischen Schulzendorf lernen Mädchen und Jungen im Umgang mit Tieren Verantwortung zu übernehmen und können fernab der Großstadt zur Ruhe kommen.

Vorsichtig klettert Miriam in die Voliere und sucht nach Wachteleiern – immer darauf bedacht, sich nicht an der Rotlichtlampe zu verbrennen, die den Vögeln Wärme spendet. Doch die Neunjährige hat zunächst keinen Erfolg. Aaron, der vor ihr an der Reihe war, hat die ganze Ausbeute für sich verbucht. Etwas später hat das Mädchen doch noch Glück: „Ich habe eins gefunden!“, ruft es und hält stolz ein winziges Ei in der Hand. Anschließend dürfen die Kinder zu den Kaninchen und die erst zwei Wochen alten Jungtiere streicheln. Aufgeregt rufen sie durcheinander: „Sind die aber süß!“, „Wie niedlich!“ und „Darf ich mal eines halten?“.

Miriam, Aaron und ein Dutzend weitere Mädchen und Jungen sind aus Leipzig nach Schulzendorf in Brandenburg gekommen, um einen Nachmittag auf der neuen Arche-Kinder-Ranch zu verbringen. Etwa eine Stunde nördlich von Berlin hat Arche-Gründer Bernd Siggelkow seinen Traum verwirklicht: Auf einem Bauernhof mit vielen Tieren inmitten der Natur sollen Kinder aus einem oft schwierigen sozialen Umfeld positive Erfahrungen sammeln. Tiere als Therapeuten, die Selbstwertgefühl und Nähe vermitteln – das ist die Idee des Pastors. „Die Kinder sollen nicht nur bespaßt werden, sondern auch Verantwortung übernehmen. Deshalb packen sie auf dem Hof mit an“, sagt Siggelkow.

Parvis bei der Arbeit im Pferdestall (Foto)

Parvis arbeitet im Pferdestall.

Die Kinder sollen nicht nur bespaßt werden, sondern auch Verantwortung übernehmen. Deshalb packen sie auf dem Hof mit an.

Arche-Gründer Bernd Siggelkow

So gibt es für die Leipziger Gruppe einiges zu tun. Die Schafe brauchen neues Stroh und Heu. Die Pferde müssen versorgt und der Reitplatz gesäubert werden. Während einige Kinder freudig in der Scheune auf die Strohballen springen, greifen sich Aaron und ein paar Freunde eine Schubkarre und kümmern sich um die Tiere. Miriam und andere Kinder sind auf dem Reitplatz zugange. Nach dem Saubermachen ruht sich die Schülerin erst einmal mit ihrer Freundin Lisa auf einer Bank aus. „Das war ziemlich anstrengend“, sind sich die Mädchen einig. Dann dürfen sie zur Belohnung endlich eine Runde reiten.

Währenddessen erzählt Neu-Landwirt Siggelkow den Kindern Wissenswertes rund um die Tiere und den Bauernhof. Im Sommer 2016 hat er ihn mit Spenden gekauft. „Die ersten 100.000 Euro vom RED NOSE DAY haben schließlich dafür gesorgt, dass der Hof Anfang Oktober in Betrieb gehen konnte“, sagt Siggelkow. Das Geld sei in die gesamte Technik und Infrastruktur sowie den Umbau einer Scheune geflossen.

200.000 Euro

Erlöse vom RED NOSE DAY sind in das Arche-Projekt geflossen.

Von Anfang an hat er junge Leute eingebunden: „Jedes Wochenende kam eine Gruppe Teenager aus der Arche in Berlin-Hellersdorf. Sie haben unter anderem den Stall ausgeräumt und Zäune aufgestellt“, erzählt der 53-Jährige. „Ihnen gefiel es hier so gut, dass sie am liebsten gleich auf den Hof gezogen wären.“

Siggelkow lebt in dem 200 Quadratmeter großen Bauernhaus, das auch acht Schlafplätze, ein Spielzimmer, ein Wohnzimmer sowie einen Speise- und Aufenthaltsraum für Gäste bietet. Ein Hektar Land gehört zum Hof, ein weiterer ist gepachtet. Zur Tierschar zählen neben Pferden, Kaninchen und Vögeln auch Schafe, Hühner, Hunde und Papageien. Wenn nicht gerade Kinder zu Besuch sind, versorgt Siggelkow die Tiere allein oder mit Hilfe von Praktikanten, um anschließend zu seiner eigentlichen Arbeit als Arche-Vorstand nach Berlin-Hellersdorf zu pendeln.

Dort hat der Jugendpastor vor mehr als 20 Jahren die erste Arche gegründet. Das Plattenbaugebiet im Osten Berlins gilt als Problemviertel mit hoher Arbeitslosigkeit. Viele Kinder wachsen hier in schwierigen Familienverhältnissen auf. Siggelkow und seine Mitarbeiter sorgen dafür, dass sie ihre Freizeit nicht auf der Straße oder vor dem Bildschirm verbringen.

Bernd Siggelkow und Lara auf der Stute Dari (Foto)

Bernd Siggelkow hat sich den Traum vom Bauernhof erfüllt und macht damit auch Kinder wie Lara glücklich.

„Die Ranch verbessert unser Angebot deutlich“, ist er überzeugt. „In Berlin stehen die Kinder unter dem Druck und der Hektik der Großstadt, sind Stress in der Schule oder im privaten Umfeld ausgesetzt. Hier auf dem Land haben sie Platz und können sich entfalten“, sagt der Tierliebhaber in Jeans und Gummistiefeln. Er selbst spüre ebenfalls oft eine deutliche Entschleunigung, wenn er aus der Großstadt zurück nach Schulzendorf fahre.

Einmal pro Woche kommen Besucher aus der Arche in Berlin-Hellersdorf. Auch aus verschiedenen anderen Arche-Häusern waren schon junge Gäste da. Darüber hinaus steht die Ranch Kindern und Familien aus der Umgebung offen. Siggelkow arbeitet auch mit Berliner Schulen und holt verhaltensauffällige Kinder aufs Land. „Zu uns kommen Grundschüler, die oft wochenweise vom Unterricht suspendiert sind, weil die Lehrer mit ihnen nicht mehr fertig werden“, sagt der Pastor. „Wenn sie herkommen, sind sie oft aggressiv und fühlen sich wie die Stärksten, obwohl sie im Grunde schwach und verletzlich sind“, erzählt Siggelkow. Nach ihrer Zeit auf dem Hof seien die Kinder oft wie ausgewechselt. „Bei der Arbeit mit den Tieren sehen sie, dass Leistung etwas bringt.“ Das führe auch zu einem Umdenken in der Schule. „Schulverbote helfen den Kindern nicht. Bei uns kann man schon mit wenig viel erreichen. Die Kinder merken, dass es sich auch in der Schule lohnen kann, nicht nur zu stören, sondern sich zu bemühen“, so seine Erfahrung.

Die Arche
Die Arche (Logo)

Der 1964 in Hamburg geborene Bernd Siggelkow kommt selbst aus schwierigen Verhältnissen: Seine Mutter verließ die Familie, als er noch ein Kind war. Siggelkow wuchs bei seiner Großmutter und dem kranken Vater auf. Er ist gelernter Kaufmann und hat bei der Heilsarmee eine Theologie-Ausbildung absolviert. Mehrere Jahre arbeitete er als Jugendpastor und kam auch als solcher nach Berlin. 1995 gründete er in Berlin-Hellersdorf das christliche Kinder- und Jugendwerk „Die Arche“, um benachteiligten Kindern Perspektiven zu bieten.

Inzwischen gibt es deutschlandweit 22 Standorte. Rund 180 Mitarbeiter und Praktikanten sowie etwa noch einmal so viele ehrenamtliche Helfer bieten rund 4.000 Kindern und Jugendlichen warme Mahlzeiten, Unterstützung bei den Hausaufgaben, Musik- und Sportförderung sowie andere sinnvolle Freizeitbeschäftigungen. Außerdem gehören Ferienlager, Elternarbeit und die Ausbildungsplatzsuche zum Angebot der Arche. Ziel ist es, Mädchen und Jungen, die oft aus sozialen Brennpunktgebieten kommen, Selbstwertgefühl und soziale Kompetenzen zu vermitteln, ihre Potenziale zu fördern und den Bildungshorizont zu erweitern.

Die Arche finanziert sich aus Spenden. Bernd Siggelkow veröffentlichte bereits mehrere Bücher zum Thema „Kinderarmut“ sowie seine Autobiographie „Papa Bernd“ und wurde für seine Arbeit mit dem Bundesverdienstkreuz und dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet.

www.kinderprojekt-arche.eu

  • Kinderprojekt Die Arche: Kinder im Bauernhaus (Foto)

    Das 200 Quadratmeter große Bauernhaus sowie das dazugehörige Land bieten seit Oktober 2016 vielen Tieren ein neues Zuhause.

  • Kinderprojekt Die Arche: Schafe (Foto)

    Das 200 Quadratmeter große Bauernhaus sowie das dazugehörige Land bieten seit Oktober 2016 vielen Tieren ein neues Zuhause.

  • Kinderprojekt Die Arche: Bernd Siggelkow am erklären (Foto)

    Das 200 Quadratmeter große Bauernhaus sowie das dazugehörige Land bieten seit Oktober 2016 vielen Tieren ein neues Zuhause.

  • Kinderprojekt Die Arche: Parvis und Pferde (Foto)

    Das 200 Quadratmeter große Bauernhaus sowie das dazugehörige Land bieten seit Oktober 2016 vielen Tieren ein neues Zuhause.

  • Kinderprojekt Die Arche: Kinder mit Schubkarre (Foto)

    Das 200 Quadratmeter große Bauernhaus sowie das dazugehörige Land bieten seit Oktober 2016 vielen Tieren ein neues Zuhause.

Die Leipziger Kinder stammen aus Eutritzsch, einem sozial gemischten Stadtteil. „Zu uns in die Arche kommen sowohl benachteiligte als auch gut situierte Kinder“, sagt die Leiterin der Leipziger Arche Adrienn Schmidt, die die Gruppe begleitet. Für alle sei es schön, einmal aus der Stadt herauszukommen und einen Tag mit Tieren in der Natur zu verbringen. „Die meisten erleben so etwas sehr selten. Diese Ruhe auf dem Land kennen viele Kinder gar nicht“, unterstreicht Schmidt. Für einige Arche-Kinder aus Berlin seien die Ausflüge die ersten in ihrem Leben überhaupt, ergänzt Siggelkow. „Die eineinhalb Stunden Fahrt sind für sie wie eine Weltreise.“

Die Leipziger haben eine doppelt so lange Fahrt vor sich. Zurück zuhause melden sich viele von ihnen gleich für den nächsten Ausflug nach Schulzendorf im Sommer an, wie Adrienn Schmidt später berichtet: „Die Kinder werden noch wochenlang von diesem Bauernhof-Besuch erzählen.“

RED NOSE DAY
Red Nose Day Kids (Foto)

Mehr als 12 Mio Euro an Spenden hat ProSieben bereits mit dem RED NOSE DAY gesammelt. Mit der Aktion beweist der Sender nachhaltig soziale Verantwortung: Das Geld kommt seit Jahren bedürftigen Kindern in Deutschland und der ganzen Welt zugute. Arche-Standorte, ein Kinderheim der „Off Road Kids“, ein nach einem Erdbeben eröffnetes Fußball-Internat auf Haiti und auch Schulen in syrischen Flüchtlingslagern hat der RED NOSE DAY bereits finanziell unterstützt.

Im Jahr 2003 hat der Sender die aus Großbritannien stammende Spendenaktion nach Deutschland geholt. Sie entwickelte sich von einem eintägigen Comedy-Event zu einer mehrwöchigen Aktion, an der sich viele Promis beteiligen – und sich rote Nasen für die gute Sache aufsetzen.

2015 kamen erstmals die gesamten Einnahmen allein einem Projekt zugute – dem neuen Arche-Standort in Berlin-Treptow. 2016 konnte die Arche-Kinder-Ranch in Schulzendorf in Brandenburg dank der Spenden vom RED NOSE DAY ihre Tore öffnen. Auf dem Bauernhof erleben Kinder und Familien Tiere und Natur hautnah. Im Mai 2017 stand die geplante Arche in Herne im Fokus der Spendenaktionen rund um den RED NOSE DAY.

www.prosieben.de/tv/red-nose-day